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Ideen für ein besseres Wir

Foto: be able / Junge Tüftler

Hackathon für Schüler fördert Empathie und digitale Kompetenz

Digitale Technologien erleben Kinder und Jugendliche täglich auf ihren Smartphones. Dass Menschen mit Behinderungen damit alltägliche Barrieren überwinden können, vermittelt ihnen ein Workshop von „Junge Tüftler“ und „be able“.

Von Achim Halfmann

Sie wollen nicht nur digitales Wissen vermitteln, sondern kreative Lösungen für menschliche Probleme entwickeln und Empathie fördern: „Junge Tüftler“ und „be able“ bieten dazu die „Hacky Days“ – einen zweitägigen „Mini-Hackathon“ für Schüler der Mittelstufe und ihre Lehrerinnen. Die Mitarbeiterinnen der gemeinnützigen GmbH sind Experten für digitale Bildung und kooperieren mit „be able“, einem auf Inklusion ausgerichteten gemeinnützigen Verein. „Es geht nicht um frontales Lernen, sondern um gemeinsames Entdecken“, sagt Projektleiterin Giulia Paparo von Junge Tüftler.

Und so beginnt der Schüler-Workshop nicht in einer Elektronik-Werkstatt, sondern auf der Straße: Während einer Tour durch die Nachbarschaft – ausgestattet mit „Empathie-Tools“ wie Rollstühlen, Augenbinden und Blindenstöcken – erleben Kinder und Jugendliche die Welt aus der Sicht von Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Begleitet werden sie dabei auch von sehbehinderten Menschen oder Rollstuhlfahrern. Amélie Cayré, Designerin bei be able, erläutert: „Das sind die eigentlichen Experten und die Kinder können ihnen ihre Fragen stellen.“

Wahrnehmung erweitern

An diesem ersten Tag erleben die jungen Leute ganz praktische Probleme von Menschen mit Behinderungen mit – etwa Barrieren beim Zugang zum öffentlichen Nahverkehr oder zu Geschäften oder die Verkehrsrisiken auf dem Weg durch die Großstadt. Es geht um die Lernfelder Diversität und Inklusion, würden Pädagogen sagen. Und es geht um Inspiration: „Dieser erste Tag erweitert das Wahrnehmungsspektrum der Schüler*innen und ermöglicht es ihnen, Ideen zu entwickeln“, so Amélie Cayré.

Ideen, die dann am zweiten Tag in der Elektronik-Werkstatt umgesetzt werden. Giulia Paparo sagt: „Am Anfang des Tages steht eine Technologie-Dusche.“ Bei dieser Wissensvermittlung geht es etwa um die Funktionsweise von Micro-Controllern. Die Schülerinnen gewinnen dabei ein Verständnis für das Zusammenspiel von Hard- und Software. Und dann wird anwendungsorientiert weitergedacht. „Wir arbeiten nicht an Modellen aus Pappe, sondern an funktionierenden Ideen, nämlich funktionalen Prototypen“, so Paparo.

Die Schülerinnen bilden dazu Teams und verteilen Rollen: Es gibt Architekten, Statistiker und Journalisten in jeder Gruppe. Paparo: „Gefördert werden so Kommunikation, Zusammenarbeit, Recherche-Kompetenz und Empathie.“ Die jungen Leute lernen durch das Ausprobieren und aus ihren Fehlern – durch das „Debugging“, würden Programmierer sagen. „Sie bleiben dran an der Suche nach Lösungen für Situationen im Alltag, die sie als ungerecht erleben.“

Critical Making

Die Ergebnisse aus diesen Teamarbeiten lassen sich sehen: Ein digitaler Abstandhalter am Gehstock war eine Idee, die junge Leute in einer Tüftlerwerkstatt entwickelt und umgesetzt haben. Oder hinten am Rollstuhl angebrachte Leuchtpfeile nach links und rechts, die ein Rollstuhlfahrer ein- und ausschalten und mit denen er seine Bewegungsrichtung ankündigen kann.

In ihren Workshops fördern die Jungen Tüftler zugleich das „Critical Making“: Zum Einsatz kommt Open Source-Software – frei verfügbare Software also, und dokumentiert werden die Ergebnisse als Open Educational Resources (OER) – bildungsrelevante Materialien, die von anderen genutzt und weiterentwickelt werden können. „Wir wollen nicht zuerst Programmierer, sondern Zukunftsgestalter ausbilden“, sagt Giulia Paparo. „Die Schüler lernen, Technologie als Tool gesellschaftsrelevant einzusetzen.“ Und so setzt Paparo darauf, dass im Workshop vermitteltes Wissen und Verstehen zugleich das kritische Denken der jungen Menschen im Umgang mit Technologien unterstützt.

digital.engagiert

Die Jungen Tüftler und be able entwickeln und dokumentieren gemeinsam den Prototypen für den Workshop. „Hier treffen Hackathon auf Inklusion und Empathie auf Informatik“, beschreibt Patrick Gilroy, Projektleiter im Stifterverband, dieses Vorhaben, das der Stifterverband und Amazon im Rahmen ihres Programmes „digital.engagiert“ fördern. 150 soziale Startups hatten sich für die laufende Förderrunde beworben, zwölf davon wurden von einer Jury ausgewählt. „Besonders war die gemeinsame Bewerbung von Jungen Tüftlern und be able“, so Gilroy. „Und mit der Kombination von digitaler Bildung und Inklusion wenden sich die Partner einem mit vielen Berührungsängsten versehenen Thema zu.“

Das wesentliche Element von digital.engagiert sei nicht primär die finanzielle Förderung, so Gilroy. Die teilnehmenden Teams erhalten darüber hinaus Schulungen – etwa zu Finanzierung oder Kommunikation -, ein Coaching sowie Zugang zu einem Netzwerk, dessen Akteure sich gegenseitig unterstützen. Das Team von HackyDays und be able wird von Jonas Deister, dem Geschäftsführer des Vereins „Sozialhelden“, gecoacht.

Vielseitige Netzwerke

Bei den Veranstaltungen des Förderprogramms treffen sich etwa die Deutsche Chorjugend, LEE – ein App-basiertes Förderprogramm für lesbische, schwule, bi, transgender, intersexuelle und queere Jugendliche -, der Verein „Politik zum Anfassen“, der Kreisverband Herford des Deutschen Roten Kreuzes und das Recherchenetzwerk Correctiv. „In den unterschiedlichen Initiativen finden wir je nach unseren Bedürfnissen Ansprechpartner“, sagt Giulia Paparo.

Sozialunternehmen und die Zivilgesellschaft auf die Chancen des digitalen Wandels vorzubereiten, das ist ein Ziel von digital.engagiert. „Die Umwelt, Selbstverständnisse, Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen von Bürgerinitiativen, gemeinnützigen Organisationen, Stiftungen und Sozialunternehmen befinden sich in mehr oder weniger radikalen Wandlungsprozessen“, heißt es in einem „Mutmachpapier“ des Förderprogrammes. „Vor diesem Hintergrund gilt es, die Veränderungsfähigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen zu stärken und sie zu unterstützen, Chancen der Digitalisierung für sich zu nutzen“. In diesem Jahr liegt der Förderschwerpunkt auf digitaler Bildung und Vermittlung von Zukunftskompetenzen für die Generation von morgen.

Patrick Gilroy weiß: „Soziale Startups brauchen Inspiration, Unterstützung und Ressourcen.“ Junge Tüftler und be able etwa stießen zu digital.engagiert, als sie sich mit ihrem Projekt noch in der Ideenphase befanden. Gilroy sieht es so, dass sich etablierte Digitalunternehmen wie Amazon – dem Partner des Stifterverbands bei digital.engagiert – zunehmend als Unterstützer solcher zivilgesellschaftlicher Experimentierräume einbringen. Von den vielseitigen Netzwerken, wie sie dabei entstehen, profitieren letztlich alle. Denn „Innovationen entstehen nicht im Zentrum, sondern an den Rändern der Sektoren“, so Gilroy weiter.


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