Ein Gastbeitrag von Holger Hembach
Bergisch Gladbach (csr-news) – Am 01.01.2019 trat in Australien der „Modern Slavery Act“ in Kraft. Das Ziel des Gesetzes ist es, die Transparenz im Lieferketten zu erhöhen und damit zur Eindämmung moderner Sklaverei beizutragen. Es reiht sich damit ein in eine Reihe von Gesetzen, die mit dem gleichen Ziel in verschiedenen Staaten erlassen wurden, beispielsweise den „UK Modern Slavery Act 2015“ oder den kalifornischen „Transparency in Supply Chains Act“.
Das Gesetz verpflichtet bestimmte Unternehmen, jährlich darüber zu berichten, welche Risiken moderner Sklaverei es in ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Lieferketten gibt – und welche Maßnahmen sie treffen, um diesen Risiken zu begegnen. Die Verpflichtung zur Berichterstattung trifft Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 100 Millionen australischen Dollars, die ihren Sitz in Australien haben oder dort tätig sind. Darüber hinaus sind auch große staatliche Unternehmen und andere große staatliche Einrichtungen zur Berichterstattung verpflichtet.
Die Berichte werden in einem Register gesammelt, das staatlich finanziert und über das Internet kostenlos öffentlich zugänglich ist. Unternehmen, die aufgrund ihres Umsatzes nicht zur Berichterstattung verpflichtet sind, können freiwillig berichten. Auch ihre Berichte werden dann in das öffentliche Register aufgenommen.
Der Modern Slavery Act sieht keine Sanktionen für Verstöße gegen die Berichtspflicht vor; es legt aber bestimmte inhaltliche Mindestanforderungen für die Berichte fest.
Geschichte des Gesetzes
Der Erlass des Gesetzes folgte jahrelanger Lobbyarbeit. Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen wie die australische „Walk Free Foundation“ schafften ein Bewusstsein für das Problem moderner Sklaverei (auch) in Australien. Schließlich entstand ein breiter Konsens, dass ein Gesetz sinnvoll wäre, um moderne Sklaverei in Lieferketten zu bekämpfen.
2016 setzte das Parlament eine Kommission ein. Diese hatte den Auftrag, eine Empfehlung darüber auszusprechen, ob Australien einen „Modern Slavery Act“ vergleichbar etwa dem „UK Modern Slavery Act“ einführen sollte. Die Kommission sollte sich dabei insbesondere mit dem Ausmaß moderner Sklaverei weltweit und in Australien befassen und untersuchen, inwieweit moderne Sklaverei in Lieferketten von Unternehmen vorkommt, die in Australien tätig sind. Darüber hinaus sollte die Kommission internationale Praktiken und Gesetze zur Bekämpfung moderner Sklaverei untersuchen – mit besonderem Augenmerk auf den UK Modern Slavery Act aus dem Jahre 2015.
Die Kommission führte einen breiten Konsultationsprozess durch. Regierungsvertreter, Parteien, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen konnten ihre Position zu Gehör bringen. Im Dezember 2017 legte die Kommission ihren Abschlussbericht vor. Es sei schwierig, genaue Zahlen zum Umfang weltweiter moderner Sklaverei zu nennen. Zum einen gebe es keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs moderne Sklaverei. Zum anderen bleibe Sklaverei häufig unentdeckt.
Australien sei in erster Linie in Zielland für Menschenhandel und Sklaverei. Lange sei man davon ausgegangen, dass die Betroffenen größtenteils Frauen aus Asien seien, die Opfer von Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung würden. In den letzten Jahren hätten die Behörden jedoch festgestellt, dass die höhere Zahl von Opfern Frauen und Männer seien, die nicht im Bereich des „Sex-Arbeiter-Geschäfts“ eingesetzt würden, sondern im Bereich der Haushaltsarbeit, Gastronomie, Landwirtschaft oder im Baugewerbe. Die Kommission kam auch zu dem Ergebnis, dass moderne Sklaverei in Lieferketten verbreitet sei. Dort komme sie vor allem auf den unteren Stufen des Fertigungsprozesses vor.
Im Dezember 2017 veröffentlichte die Kommission ihren Bericht mit einer Reihe von Empfehlungen. Sie befürwortete die Einführung eines „Modern Slavery Act“. Dieser solle Berichtspflichten für Unternehmen enthalten. Darüber hinaus empfahl die Kommission die Schaffung des Amtes eines „Unabhängigen Anti- Sklaverei Beauftragten“. Der UK Modern Slavery Act sieht dieses Amt vor. Der Beauftragte führt Schulungen für Ermittlungsbehörden zum Thema Sklaverei durch, befasst sich mit dem. Darüber hinaus empfahl sie, Maßnahmen, um Schadensersatz für Opfer moderner Sklaverei zu gewährleisten.
Berichterstattung
Der Kern des Gesetzes ist die Pflicht zur Berichterstattung. Unternehmen, die entweder ihren Sitz in Australien haben oder dort tätig sind, müssen jährlich ein „modern slavery statement“ abgeben, wenn ihr Jahresumsatz 100 Millionen australische Dollar oder mehr beträgt. Das „modern slavery statement“ muss enthalten:
- den Namen des Unternehmens
- eine Beschreibung der Struktur, Geschäftstätigkeit und Lieferketten des Unternehmens, sowie aller Unternehmen, die es kontrolliert
- eine Beschreibung der Risiken moderner Sklaverei im Bereich der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und seiner Lieferketten
- eine Beschreibung der Maßnahmen, die das Unternehmen trifft, um die Risiken moderner Sklaverei einzuschätzen und einzudämmen, einschließlich von „due diligence“-Prozessen und Prozessen zur Abhilfe
- eine Einschätzung der Effektivität dieser Prozesse
- eine Beschreibung des Konsultationsprozesses mit allen Unternehmen oder Einrichtungen, deren Eigentümer das berichtende Unternehmen ist oder die es kontrolliert
Das „modern slavery statement“ muss vom Vorstand abgesegnet werden und von einem Mitglied des Vorstandes unterschrieben sein. Das Ministerium prüft den Bericht. Hält der Minister den Bericht für unzureichend, kann er das Unternehmen bitten, nachzubessern oder eine Erklärung für die Mängel des Berichtes zu geben.

Holger Hembach ist Rechtsanwalt in Bergisch Gladbach Er berät zu Grund- und Menschenrechtsfragen. https://rechtsanwalt-hembach.de/