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ISO 26000: Anleitung für bessere Unternehmen

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Im November 2010 wurde die ISO 26000 veröffentlicht. Immer mehr Unternehmen nutzen seitdem den Leitfaden, um sich im breiten Feld der gesellschaftlichen Verantwortung zu orientieren. Was ist inzwischen in der Praxis angekommen?

Von Maximilian Metzner 

Die ISO 26000 ist eine Norm, an der sich Organisationen bei strategischer Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur gesellschaftlichen Verantwortung orientieren können. Anhand eines Leitfadens sollen die gelebte Werthaltung, Denkmuster und Verhaltensweisen der Menschen in den Organisationen verbessert werden. Aber wie lässt sich die Komplexität von gesellschaftlicher Verantwortung (SR) normieren?

Die Antwort: eigentlich gar nicht. Schließlich divergieren nicht nur individuelle Auffassungen und Ansichten über eine angemessene Verantwortungsübernahme. Auch die globalen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Aber gerade vor einem globalisierten Kontext ist eine Standardisierung dringender denn je. Denn Fragen zu Konsumentensouveränität, Umwelt- oder Arbeitsplatzstandards gehen letztlich alle an – aber nicht alle sind in der Lage die richtigen Antworten zu formulieren.

435 Experten aus 91 Nationen

Die Ausarbeitung der ISO Norm geht auf eine Initiative der Verbraucher zurück. Das Consumer Policy Committee (COPOLCO) veröffentlichte 2002 einen Report unter dem Titel: „The Desirability and Feasibility of ISO Corporate Responsibility Standards”. In der daraufhin verabschiedeten Resolution wurde die ISO dazu aufgefordert, das Mandat für die Entwicklung einer solchen neuen Norm zu übernehmen. Bis zur Veröffentlichung am 1. November 2010 diskutierten und verhandelten über 435 Experten aus 91 Nationen, dazu Vertreter von 42 sog. Liaison-Organisationen über die Richtlinie. Doch nicht nur das Thema SR, auch die Entstehung war für die ISO Neuland – Startschwierigkeiten inklusive. So musste sich z.B. der ISO-intern gepflegte demokratische Prozess erst entwickeln. Auch die teilweise konträren Positionen waren Anfangs nicht unter einen Hut zu bringen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der breite internationale Konsens bildet die gemeinsame Basis zwischen den Interessen von Nationen, Organisationen, Wirtschaft, NGO´s und Stakeholdern was genau unter gesellschaftlicher Verantwortung verstanden werden kann und was mindestens umgesetzt werden soll.

Zertifizieren oder nicht?

Grundsätzlich gilt: die Anwendung der Norm ist freiwillig. Es gibt keine Anforderungen an die Organisationen – im Prinzip können alle mitmachen. Sie ist nicht gleichzusetzen mit Managementsystemen wie der ISO 9001 oder ISO 14001, weil sie keine konkret nachprüfbaren Kriterien aufstellt und sich deshalb per se nicht zur Prüfung und Zertifizierung von gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme eignet. Diese wohl herausragendste Besonderheit der ISO-Norm geht einerseits darauf zurück, dass wirtschaftsnahe Organisationen keine neue Grundlage für eine Zertifizierung schaffen wollten. Andererseits wollte auch die WTO verhindern, dass sich Handelsbarrieren auf Grundlage der ISO 26000 etablieren.

Obwohl die Botschaft der ISO eindeutig ist, können nationale Zertifizierer das Nicht-Zertifizierungsgebot übergehen und ihre Dienste anbieten. Als erstes Unternehmen in Deutschland hat sich die Harting Technologiegruppe die Wahrnehmung ihrer SR-Performance durch die DQS zertifizieren lassen. Dabei orientierte man sich an der ISO 26000. Die Grundlage für ein zertifizierbares Managementsystem bildeten die österreichische Regel ONR 192500 sowie die spanische Spezifikation RS 10. In Deutschland Einzelfall oder bald gängige Praxis?

„Die ISO 26000 ist sehr allgemein formuliert, aber auf dieser Basis lassen sich durchaus Forderungen für ein praxisnahes SR-Managementsystem entwickeln,“ meint Arnd Hardtke, Vertreter der deutschen Delegation in der ISO/TMB „Working Group on Social Responsibility“. Interpretationsspielräume der ISO 26000 können dann in nationale Standards konkretisiert werden, die als Grundlage für Zertifizierung dienen. Aktuelle Beispiele bestehen hierzu bereits in Brasilien, Portugal, Österreich und einigen skandinavischen Ländern. Der Fall, prognostizierte Hardtke, werde sich aber in Deutschland vermutlich nicht durchsetzen. Zu groß wäre der Widerstand der Industrie. Nicht auszuschließen sei hingegen mittelfristig eine europäische Norm, sozusagen eine Erweiterung und Vertiefung des 2001 erschienenen CSR-Grünbuchs der EU. Ohnehin sind deutsche Unternehmen durch bisherige Managementsysteme wie z.B. EMAS, ISO 9001 oder ISO 14001 gut gerüstet, was die Vergleichbarkeit ihrer SR-Performance angeht.

Anleitung für eine bessere Welt?

Kernthemen der ISO 26000 sind: verantwortungsvolle Unternehmensführung, Wahrung der Menschenrechte, gerechte Arbeitsbedingungen, Schutz der Umwelt, anständige Umgangsformen und Handlungsweisen, Konsumentenfragen, Einbindung und Entwicklung des regionalen Umfelds. Welchen Mehrwert bietet der Leitfaden im Gegensatz zu anderen internationalen Entwürfen z.B. für deutsche KMU´s? „Letztlich ist es vor allem der systematische Ansatz und der Katalog an Themenfeldern, der im ersten Teil der Norm beschrieben ist. Das ist für Organisationen durchaus lohnenswert, sich mit ISO 26000 zu beschäftigen,“ so Hardtke. So können Unternehmen die für sie relevanten Themen herausarbeiten und durch die Handlungsempfehlungen im zweiten Teil umsetzen.

Dabei gibt es aber noch einige Probleme, mit denen sich die Organisationen und letztlich auch die ISO auseinandersetzen müssen. Einfache Erklärungen und Definitionen finden sich im Leitfaden meist vergeblich. Hinzukommt, dass der Umfang von 100 Seiten nicht jeden zum Lesen des Pamphlets einlädt. Eine weitere Hürde ist der Preis. Weil die ISO für gesellschaftliche Normen die gleiche Preispolitik wie für technische Normen praktiziert, gibt es die ISO 26000 nicht umsonst. Manche Experten fürchten daher, dass für Mikroorganisationen ein ISO-Dokument über 100 € schlichtweg zu teuer ist. Gerade für diese sind die Empfehlungen des Leitfadens aber besonders interessant, da sie sich leicht umsetzen lassen.

Der Erfolg der ISO 26000 wird nicht nur an Inhalten gemessen, sondern auch wie viele Organisationen und Unternehmen tatsächlich mitmachen. Denn Akzeptanz bringt den Erfolg. Dafür wird auch die Werbetrommel gerührt. Auf der Internetseite hat der Imagefilm „Today, I have a dream“ von ISO und SR bis heute knapp mehr als 11500 Aufrufe. Das ist mit Sicherheit noch steigerungsfähig. Eine erste inhaltliche Überarbeitung des ISO 26000 vorgesehen ist für das Jahr 2013 vorgesehen.

Autor: Maximilian Metzner
Der Beitrag erschien zuerst im CSR MAGAZIN Nr. 3 (3/2011)
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