Berlin > Angesichts der Diskussion über die Weltwirtschaftskrise kann man den Eindruck gewinnen, der Klimawandel sei ein Thema von gestern. Das meinte Prof. Dr. Wolfgang Strasdas von der Hochschule Eberswalde und erinnerte daran: Während uns die Wirtschaftskrise vielleicht zwei Jahre beschäftigen wird, werden uns die Folgen des Klimawechsels über Jahrzehnte beschäftigen. Strasdas moderierte die Veranstaltung “Carbon Management in Tourism: A Smart Strategy in Response to Climate Change” am Freitag auf der ITB Berlin.
Dass der Tourismus zum Motor für einen Wandel im Bewusstsein der Weltbevölkerung werden kann, betonte der britische Tourismusexperte Geoffrey Lipman. Es gehe um ein “common commitment”, die breite Öffentlichkeit müsse für den Klimaschutz gewonnen werden. Hier komme dem Tourismus eine Schlüsselrolle zu.
Auch der kanadische Wissenschaftler Professor Dr. Daniel Scott verwies auf die Chance, dass der Tourismus in Bezug auf den Klimaschutz eine Führungsposition einnehmen kann. Wenn allerdings die Ausweitung des Tourismussektors und ein verstärkter Klimaschutz parallel erreicht werden sollen, müsse der gesamte Tourismussektor klimaneutral gestaltet werden. Das sei eine große Herausforderung.
Darauf, dass der Tourismus besonders hart von den Folgen des Klimawandels betroffen sein wird, verwies Prof. Stefan Gössling von der Hochschule Eberswalde. Korallenriffe, Ökosysteme und manche Tierarten seien bedroht, und auch die vorhersehbaren extremen Wetterbedingungen werden die Zielgebiete des Tourismus besonders belasten. Eine KPMG-Studie habe den Tourismus, die Luftfahrt und das Transportwesen als die vom Klimawandel am stärksten bedrohten Wirtschaftszweige ausgemacht.
Der Tourismus ist für fünf Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Innerhalb des Tourismus entfallen dabei 40 Prozent des CO2-Ausstoßes auf den Luftverkehr, 32 Prozent auf den Autoverkehr und 21 Prozent auf die Beherbergungsbetriebe.
Was ist zu tun? Gössling stellte als Maßnahmenpaket vor: Der Tourismus muss
… weg von kurzen und hin zu längeren Aufenthalten im Zielgebiet,
… weg von Fernzielen und hin zu Nahzielen,
… weg von Luft- und PKW-Reisen und hin zu Reisen mit der Bahn,
… weg von “falschen” und hin zu “richtigen” Ausgaben.
Als “falsche” Ausgaben bezeichnete Gössling den Kauf von Leistungen wie Flugreisen, bei denen die Profitmarge bei 1,1 Prozent des Umsatzes liege und damit keinen Spielraum für nachhaltige Veränderungen lasse. Der Tourismus müsse sich aus diesem Grund weg von “low profit Angeboten” und hin zu “high profit Angeboten” bewegen. Und es müssten zusätzlich bisher vernachlässigte Themen in den Blick genommen werden wie etwa die Nachhaltigkeit der Lebensmittelketten in den vielen Restaurants der Touristengebiete.
Foto: Vertreter des Muzeum Chleba aus Polen auf der ITB (CSR NEWS)