Hamburg > Heute protestiert seit 10.30 Uhr die internationale Menschenrechtsorganisation FIAN (FoodFirst Informations- & Aktions-Netzwerk) vor dem Firmensitz der Neumann Kaffee Gruppe in Hamburg. Der Vorwurf: Die Neumann Gruppe setze sich nicht ausreichend für die Rechte von Familien ein, die von einem durch das Unternehmen als Kaffeeplantage genutzten Grundstück vertrieben wurden. Und Neumann verweigere dazu den Dialog. FIAN will mit der heutigen Protestaktion erreichen, dass die Neumann Gruppe den Dialog mit den Vertriebenen und der Regierung Ugandas aufnimmt, die Vertriebenen in ihrer Forderung nach Entschädigung und den Gerichtsprozess vor Ort unterstützt und sich zu seiner Verantwortung bekennt.
Das war geschehen: Im Jahr 2000 suchte die Neumann Gruppe in Zusammenarbeit mit der ugandischen Regierung Land, um es für eine geplante Kaffeeplantage langfristig zu gepachten. Fündig wurde man in der Nähe von Mubende. Auf dem privaten Grundstück siedelnde Familien wurden vom Voreigentümer und lokalen Regierungsvertreter informiert. Ihnen wurden ein neues Grundstück und gesetzesgemäße Kompensationen angeboten, wobei Kaweri die entsprechenden Finanzen bereit stellte. 120 Familien mit über 1.000 Angehörigen nahmen die Kompensationen in Anspruch und nutzten die ihnen für die Umsiedlung zur Verfügung gestellten Transportmittel. Dieser Umsiedlungsprozess verlief friedlich. Weitere Familien wurden jedoch in den Tagen unmittelbar vor der Einweihung durch die ugandische Armee gewaltsam von dem Land vertrieben. Nach Angaben von FIAN handelte es sich dabei um 400 Familien, die so ihre Lebensgrundlage verloren. Eingeweiht wurde die Kaweri Coffee Plantation am 24. August 2001 gemeinsam mit dem ugandischen Staatspräsidenten Yoweri Museveni.
Die Vertreibung dieser Menschen durch die Armee verurteile und bedauere man, erklärt die Neumann Gruppe in einer Stellungnahme. Dieses Ereignis sei nicht abzusehen gewesen. Nach den Geschehnissen habe man zeitnah die katholische Diözese von Mitaya um Unterstützung vor Ort gebeten, um Notlagen Betroffener zu lindern. Die Diözese verteilte mit finanzieller Hilfe der Neumann Gruppe Essen, Decken und Medikamente an die Betroffenen. Auch mit weiteren Maßnahmen auf freiwilliger Basis habe man sich bemüht, soziale Härtefälle abzufangen. Bezüglich der Situation der Vertriebenen hat sich die Neumann Kaffee Gruppe nach eigenen Worten wiederholt an die ugandische Regierung gewandt und sich für die Überprüfung der Ansprüche der Vertriebenen eingesetzt.
Die Neumann Gruppe verweist auch auf die positiven infrastrukturellen Auswirkungen der Kaweri Coffee Plantation für die Region: Langfristig sollen dort über 3.250 direkte und weitere indirekte Arbeitsplätze entstehen; heute sind auf der Kaffeefarm rund 1.000 Personen aus der Umgebung beschäftigt. Im Einzugsbereich der Plantage seien mehrere neue Schulen entstanden, und auch die medizinische Versorgung sowie die Qualität der Wohnunterkünfte habe sich verbessert. Kaweri hat darüber hinaus Wasserleitungen in zwei Nachbardörfer verlegt und versorgt die Bevölkerung kostenlos mit frischem Trinkwasser. Im Rahmen der „Uganda Natural Coffee Farmers’ Alliance“ und in Zusammenarbeit mit Geberorganisationen wie der EU und USAID führt das Unternehmen einen aktiven Wissensaustausch mit bis zu 20.000 Kleinfarmern der Umgebung durch, um eine nachhaltige Kaffeeproduktion und –vermarktung in der Region zu fördern.
In diesen Minuten beginnt jedenfalls die FIAN-Aktion vor den Toren der Unternehmenszentrale in Hamburg. Etwa 25 Aktive haben aus Papier eine Hütte aufgebaut, die als Symbol für die Vertreibung der Menschen in Mubende zerstört werden soll. Zugleich können Bilder der Ereignisse von damals betrachtet werden. Martin Wolpold-Bosien, Kampagnen-Koordinator bei FIAN, hofft darauf, heute noch mit einem Unternehmensvertreter ins Gespräch zu kommen.