Die Chemiebranche kann auf dem Weg Richtung Nachhaltigkeit eine Schlüsselrolle spielen, muss dazu aber die Perspektive weiten. Nach Ansicht von Dr. Volker Hauff, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung, geschieht das noch zu wenig.
Bislang hätten weder die Politik noch die Wissenschaftsgemeinde oder der Privatsektor die Nachhaltigkeitsstrategie ausreichend ernst genommen, kritisierte der Ratsvorsitzende Ende Januar auf einer Veranstaltung von SusChem, der nationalen Technologieplattform für Nachhaltige Chemie. Zwar beginne sich das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in vielen Sektoren und gesellschaftlichen Gruppen zu etablieren. „Aber ich kann nicht sehen, dass da ein gemeinsamer Rahmen entwickelt wird“, monierte Hauff.
Deutlich werde das beim Thema Energie und Klima. Das stehe mittlerweile zwar ganz oben auf der politischen Agenda. Die meisten Akteure hätten aber einen Tunnelblick, der sich nur auf ihren Anteil am Energiemix richte. Es gebe keinen umfassenden Ansatz, der sämtliche Herausforderungen unter ein Dach bringe. Interessenkonflikte würden dadurch nicht offengelegt, womit die wesentliche Voraussetzung für Veränderungen wegbreche.
Das Fehlen eines solchen integrierenden Ansatzes lässt sich laut Hauff am Beispiel Biotreibstoffe beobachten. Die versprächen einerseits mehr Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Andererseits könnte ein ungebremster Ausbau schwerwiegende soziale und ökologische Folgen mit sich bringen. Eine auf Integration eingeschworene nachhaltige Chemie könnte Hauff zufolge einen wesentlichen Beitrag dabei leisten, diese Interessenskonflikte aufzulösen – etwa mit Innovationen wie Biokraftstoffen der nächsten Generation. „Die Bioenergie-Industrie braucht solche Neuerungen durch die nachhaltige Chemie“, ist der Ratsvorsitzende überzeugt.
Einen ähnlichen Beitrag könnte die chemische Industrie für die Zukunft der sauberen Kohle leisten. Die CO2-Abscheidung und Speicherung steckt laut Hauff zwar noch in den Kinderschuhen. Dennoch gebe es bereits ernste Konflikte und viele offene Fragen – einer wirklich nachhaltigen Chemie böte das Gelegenheit für neue Antworten. Dazu müssten jedoch neue Perspektiven eingenommen werden. „Können wir denn aus dem gespeicherten CO2 keinen Rohstoff gewinnen, anstatt es wie Müll zu behandeln?“, fragte Hauff ins Publikum.
Die Chemie ist nach Ansicht von Dr. Volker Hauff der Schlüssel bei der Beantwortung solcher Fragen. Allerdings sei die Basis der Nachhaltigkeitsforschung noch „zu primitiv“, sie müsse dringend an Fahrt gewinnen.
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